Interview mit Pfarrer Matthias Köhler

1. Matthias! So lange bist Du ja noch gar nicht in Nümbrecht. Wo kommst Du eigentlich ursprünglich her? Und wo warst Du vorher beruflich aktiv?

 Geboren wurde ich in Clausthal-Zellerfeld in Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge, wo meine Eltern damals ein christliches Freizeitheim leiteten. Unsere Familie ist dann aber bald, ins Lipperland im Norden von NRW gezogen. Dort habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht. Nach dem Studium bin ich dann auch in diese Region zurückgekehrt, um als Pastor in der Lippischen Landeskirche zu arbeiten. Die letzten 18 Jahre vor Nümbrecht war ich Pastor in der Evangelischen Kirchengemeinde Hohenhausen – eine ländliche Gemeinde wie Nümbrecht.

Die Kirche in Hohenhausen

2. Was für Leidenschaften und Hobbies hast Du? Eher klassische Dinge, oder guckst Du manchmal auch Serien, spielst PlayStation oder Ähnliches?

Meine beiden wichtigsten Hobbies sind Lesen und Wandern.

Bücher sind bei mir was ganz Wichtiges. Neben Büchern, die mir helfen, die Bibel und den Glauben besser und tiefer zu verstehen, interessiere ich mich sehr für geschichtliche Themen: Man kann aus der Vergangenheit eine Menge für heute lernen! Auch Berichte über das Leben von Christen, die vor uns gelebt und geglaubt haben, finde ich spannend. Von ihren Erfahrungen, Kämpfen, Siegen und Krisen kann ich für meinen Glauben viele Anregungen und Ermutigungen mitnehmen. Hin und wieder nehme ich aber auch gerne mal einen guten Krimi zur Hand. Da sind es dann allerdings eher die Klassiker: Agatha Christie, Dorothy Sayers, George Simenon, Raymond Chandler…

Wandern ist mein Sport. Der körperliche Ausgleich tut einfach gut. Das hilft, zu entspannen und den Kopf freizukriegen.

3. Wurdest Du christlich erzogen und bist in den Glauben „hineingewachsen“, oder gab es in Deinem Leben eine oder mehrere Situationen, in denen Du zum Glauben umgekehrt bist?

Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie meinem Bruder und mir den Glauben an Jesus vorgelebt und nahegebracht haben. Das ist was Kostbares, das man nicht so selbstverständlich nehmen sollte. Da wurde mir eine gute Grundlage mitgegeben.

Trotzdem kann man den lebendigen Glauben an Jesus ja nicht einfach „erben“. Es war schon wichtig, dass ich mir die Verbindung zu Jesus auch bewusst zu Eigen gemacht und die persönliche Beziehung zu ihm mit Leben gefüllt habe. Dabei hat mir die Zeit in meinem heimatlichen Jugendkreis sehr geholfen. Gemeinsam haben wir mit unserem Jugendkreis auch viele Veranstaltungen besucht, wo zum Glauben an Jesus eingeladen wurde (z.B. Zeltevangelisationen) oder wo biblische „Vollwertkost“ geboten wurde, um den Glauben zu vertiefen. Das alles hat mir sehr geholfen, mich immer bewusster an Jesus festzumachen.

Gemeinsame Zeltevangelisation von 3 Kirchengemeinden im Lipperland mit Ulrich Parzany

4. Einige Menschen, die Theologie studieren, glauben nach ihrem Studium weniger an Gott als vorher oder sogar gar nicht mehr. Wurde Dein Glaube durch Dein Studium gestärkt oder eher angefochten? Oder sogar beides?

Oh, diese Frage lässt sich leider nur ziemlich lang beantworten, weil das Thema gar nicht so einfach ist:

Ein Problem ist, dass der Glaube im Theologiestudium sehr theoretisch und „verkopft“ behandelt wird. Da bleibt der Bezug zur persönlichen Jesusverbindung und zur Glaubenspraxis schnell auf der Strecke.

Ein anderes großes Problem ist die historisch-kritische Theologie, die sich leider an allen Universitäten und vielen (nicht allen) Ausbildungsstätten eingebürgert hat. Das ist eine Art mit der Bibel umzugehen, die der Bibel nicht gerecht wird, also nicht wirklich zu ihr passt. Denn dabei wird nicht genug berücksichtigt, dass die Bibel eben nicht ein Buch wie jedes andere ist, sondern dass sie den menschlichen Schreibern vom Heiligen Geist eingeben wurde und deshalb Gottes absolut zuverlässiges Wort an uns ist.

Durch die historisch-kritische Theologie haben echt schon viele Leute ihr direktes und fröhliches Vertrauen in die Bibel verloren. Das hat weder diesen Leuten noch den Gemeinden, wo sie arbeiten, gutgetan. Schade! Ich meine, dass die historisch-kritische Theologie wirklich Gift für den Glauben ist.

 

Mir persönlich haben mehrere Dinge geholfen, dass mein Glaube das Studium überstanden hat:

-Es war gut, dass ich vorher wusste, dass die historisch-kritische Theologie problematisch ist. Das hat mich davor bewahrt, einfach naiv und blauäugig alles zu schlucken, was die Professoren aufgetischt haben. Klar, ich habe mich natürlich mit den Dingen, die da geboten wurden, beschäftigt. Aber ich habe versucht, tiefer zu graben, indem ich auch von Anfang an die historisch-kritische Theologie sowie ihre unbiblischen und atheistischen Hintergründe kritisch hinterfragt habe. Es reicht ja nicht nur, das Falsche abzulehnen, sondern man sollte als Student durchdacht haben und begründen können, warum man das ablehnt.

Dabei haben mir zusätzlich zum Studium Studienkreise mit Gleichgesinnten oder auch das Bodelschwingh-Studienhaus in Marburg geholfen. Dort haben wir nicht nur geistliche Gemeinschaft gehabt sondern auch in eigenen Seminaren im Vertrauen auf die Bibel gründlich gearbeitet.

-Ich habe aber auch bewusst die Freiheit des Studiums genutzt, um mir an der Uni die Seminare zu suchen, wo Themen behandelt wurden, die hilfreich waren, oder im Selbststudium Schwerpunkte zu setzen, die mich weitergebracht haben.

-Treue Mitchristen haben für mich gebetet und waren für mich da – auch in schweren Zeiten.

-Ich habe immer an meinen Studienorten sofort eine Glaubensheimat in guten Gemeinden, Gottesdiensten und Jugend- bzw. Hauskreisen gesucht und gefunden.

-Ich habe immer aktiv in Gemeinden und Gruppen mitgearbeitet und damit den Bezug zur Praxis gehalten.

-Ich habe immer versucht, das Ziel im Auge zu behalten: Du studierst, um dich darauf vorzubereiten, Menschen für Jesus zu gewinnen.

-Ich habe versucht, keine faulen Kompromisse mit unbiblischen Ansichten zu schließen.

Jesus muss der Mittelpunkt sein! - Aufgenommen beim Wandern in Sachsen
Wandern in Thüringen

5. In deinem Beruf beschäftigst Du Dich ja quasi jeden Tag automatisch mit der Bibel. Gibt es einen Bibelvers oder eine biblische Geschichte, der bzw. die Dich besonders begleitet oder berührt?

Ja, da denke ich sofort an meinen Konfirmationsspruch. Den habe ich mir damals nicht selbst ausgesucht. Ich wollte, dass der Pastor den aussucht, und war gespannt, was mir da sozusagen auf den Weg mitgegeben würde. Es ist das Wort aus 1. Timotheus 6,12a:

„Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist.“

6. Wo wir schon einmal bei Deinem Beruf sind: welchen Aspekt Deiner Arbeit magst Du am liebsten – und gibt es einen, auf den Du manchmal auch gerne verzichten würdest?

Ich finde es besonders schön, dass der Dienst als Pastor so vielfältig und abwechslungsreich ist: Es sind immer wieder ganz unterschiedliche Menschen jeden Alters in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Es sind ganz unterschiedliche Gruppen, Kreise, Aktivitäten und Veranstaltungsformen.

Wenn ich aber jetzt mal was hervorheben soll, dann sind es besonders Gottesdienste, die ich gerne gestalte und mit der Gemeinde feiere. Ich liebe auch die Gelegenheiten, wo man gemeinsam in der Bibel tiefer gräbt, z.B. in Bibelstunden.

Verzichten möchte ich manchmal gerne auf Verwaltungsaufgaben. Denn die werden leider immer mehr und rauben Zeit, die man für Menschen bräuchte. Aber das gehört eben auch dazu.

7. Hast Du persönlich – auch schon vor Deiner Nümbrechter Zeit – eine Bindung zum CVJM? Wenn ja, dann seit wann und in welcher Form?

Auch in meiner vorherigen Gemeinde in Hohenhausen war die Jugendarbeit immer ein gemeinsames Projekt von Kirchengemeinde und CVJM, wo man einfach ganz natürlich und unkompliziert an einem Strang gezogen hat. Deshalb war ich da von Anfang an gleich Mitglied im örtlichen CVJM. Und deshalb war es für mich auch ganz natürlich, hier in Nümbrecht gleich wieder in unseren CVJM einzutreten.

8. Nachdem Du nun schon ein bisschen in unserer Gemeinde bist: Was schätzt Du besonders an der Nümbrechter Gemeinde und an was musst Du Dich noch etwas gewöhnen?

Ich freue mich, dass in der Nümbrechter Gemeinde die wichtigsten Grundentscheidungen klar sind:

Jesus als alleiniger Retter und Herr gehört immer in den Mittelpunkt.

Die Bibel ist sein Wort und deshalb wollen wir uns an ihr orientieren. Sie soll uns Kraftquelle und Maßstab sein.

Wir wollen missionarisch sein – also Menschen für Jesus gewinnen, damit sie durch ihn in den Himmel und nicht in die Hölle kommen.

Ohne diese klaren Grundentscheidungen wäre ich nie der Einladung nach Nümbrecht gefolgt.

Und diese Grundwahrheiten haben gar nichts mit einem speziellem „konservativen Profil“ zu tun sondern sollten für jeden lebendigen Glauben eigentlich ganz selbstverständlich sein.

Ich hoffe sehr, dass wir diese Grundentscheidungen immer zu schätzen wissen, uns dessen nie schämen und uns klar machen, was wir an diesen klaren Grundentscheidungen haben, die leider an vielen anderen Orten nicht mehr so klar sind.

Formen können und müssen sich ja durchaus mal ändern, aber die Grundwahrheiten des Glaubens eben nicht.

Zugleich müssen wir immer darauf achten, dass diese Grundentscheidungen des Glaubens für uns nicht nur theoretische Wahrheiten sind sondern dass wir bereit sind, die Wahrheit des Glaubens und der Bibel auszuleben und auf unser Leben anzuwenden.

Also, wir müssen als lebendige Christen immer fragen: Ist das, was ich denke und meine, was ich will, was ich mir zur lieben Gewohnheit gemacht habe, wovon ich träume, wofür ich mich einsetze, ist das biblisch oder nicht? Nichts ist automatisch gut (oder schlecht), weil es alt ist. Nichts ist automatisch gut (oder schlecht), weil es neu ist. Der Maßstab für gut oder schlecht, ist die Bibel.

Von Vorbildern lernen - Martin Luther bezog seine Kraft aus der Bibel!

9. Gibt es etwas, an dem Du in nächster Zeit arbeiten willst, beziehungsweise an dem wir als Gemeinde gemeinsam dran arbeiten sollten?

Ich find es super, dass es in Nümbrecht so viele Menschen gibt, die sich einsetzen und engagieren. Toll, dass wir so viele Aktivitäten, Gruppen und Veranstaltungen haben. Das ist ein Segen und Grund zur Freude!

Doch dabei müssen wir sicher darauf achten, dass wir uns gegenseitig im Blick behalten. Dass wir eben nicht nur unsere Baustelle und unser Projekt sehen, sondern bei unseren Planungen die Gemeinde als Ganzes im Auge haben.

Und dass wir nicht nur von dem her denken, was wir uns wünschen und brauchen, sondern auch die Glaubensgeschwister im Auge behalten mit dem, was die brauchen und ihnen zum Glauben hilft.

Gerne möchte ich in diesem Sinne immer wieder Impulse für das Miteinander in der Gemeinde setzen. Ich freue mich, dass z.B. der gemeinsame Reformationstag als solch ein Impuls von vielen so super aufgenommen wird.

Reformationstag in Nümbrecht - Churchnight 2018

10. Das Jahr ist ja noch jung. Was wünschst Du unserer Gemeinde für das kommende Jahr?

Hm, ich denke, dass ich dazu unter Frage 8 und 9 schon einiges gesagt habe.

Aber eins doch noch: In 2021 wollen wir ja eine größere Evangelisation durchführen, um Menschen zu Jesus einzuladen. Es wäre toll, wenn alle mithelfen, dass das gemeinsam gut gelingt!

 

Vielen Dank an Matthias Köhler für das Interview und die offenen Antworten! 🙂